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Japan im Zug – Insel Kyushu

Reisebericht 2023

Japan im Zug … (1)

Heute zeigt der Kalender den 28. März 2023, der 13. Tag meiner Japanreise und gleichzeitig der vorletzte. Seit 14.08 Uhr sitze ich im Shinkansen „Hikari 510“, der mich in 147 Minuten mit einer Reisegeschwindigkeit von 200 km/h von Kyoto nach Tokyo bringen wird. Ich nutze also die Zeit und beschreibe einige meiner Reiseeindrücke und bleibe gleich beim Thema.

Während meines Aufenthaltes hier in Japan hatte ich mir vorgenommen, die drittgrößte Insel des japanischen Archipels, Kyushu, zu bereisen. Da ich so ca. 2.500 km mit der Japan Railway (JR) reisen wollte, kaufte ich mir einen JR-Rail-Pass für 14 Tage. Das war eine segensreiche Entscheidung, denn so konnte ich ohne Limit mit (fast) allen JR-Zügen und Fähren reisen, ohne weitere Kosten zu haben. Den kleinen Pass im Fahrkartenformat habe ich wie meinen Augapfel gehütet, öffnete er mir doch alle JR-Bahnsteigschranken.

Die superschnellen Shinkansen sehen mit ihrer Entenschnabel-Bugform nicht nur schnittig aus, sondern sie strahlen in ihrem weißen Außenanstrich auch eine gewollte Leichtigkeit aus. Erstaunlicherweise sind die Türen der Waggons recht schmal. Trotzdem reichen 2 Minuten aus für das Aus- und Einsteigen der Fahrgäste. Eine perfekte Markierung auf den Bahnsteigen zeigen dir ganz genau, wo Dein Wagen halten wird. Es gibt also kein Gerenne auf den Bahnsteigen. Alles läuft ruhig und gesittet ab. Das Wageninnere ist vergleichbar mit einer Flugzeugkabine. Kaum, dass man auf seinem Sitz Platz genommen hat, stellt sich das Gefühl ein, in einem Flugzeug auf Schienen zu sitzen. Auch hier große Sauberkeit, Helligkeit und Bequemlichkeit.

Über den Türen an den jeweiligen Stirnseiten der Waggons laufen so große elektronische Informationsbänder in japanischer und englischer Sprache, die die Reisenden ständig über die aktuelle Lage informieren. (Nächste Haltebahnhöfe, Anschlussmöglichkeiten etc.)

 Kurz vor Einfahrt in die Bahnhöfe werden die Passagiere gebeten, sich für den Ausstieg fertigzumachen und bereitzuhalten. Die Züge halten in der Regel nicht länger als 2-3 Minuten. Doch was wirklich fasziniert ist die unbeschreibliche Pünktlichkeit der Züge. Auf die Minute genau gleiten die Züge beinahe geräuschfrei in die Bahnhöfe. Sie stoppen auf den Zentimeter genau. Dann gleiten zunächst die Bahnsteigtüren zu den Zügen und dann die Zugtüren beiseite. Da sich die japanischen Reisenden exakt an die Farbmarkierungen auf den Bahnstiegen halten, können die aussteigenden Passagiere ohne Behinderung den Bahnsteig betreten und danach die einsteigenden Fahrgäste den Shinkansen betreten. Völlig entspannt und ruhig in weniger als 2 Minuten!

Wird ein Shinkansen in einem Bahnhof, wie z.B. Kyoto eingesetzt, dann steht der Zug schon ein paar Minuten eher am Bahnsteig. Die gesamte Zugbesatzung steht in Höhe des ersten Wagens in schicker Uniform und begrüßt mit leichten Verbeugungen die Fahrgäste.

Hat sich einmal der Zug in Bewegung gesetzt, begeht der Zugschaffner regelmäßig alle Waggons. Nachdem sich die Tür automatisch geöffnet hat, betritt der Schaffner den Waggon und begrüßt die Fahrgäste stumm mit einer Verbeugung. Dann geht er mit einem ernstem, aber nicht unfreundlichem Gesichtsausdruck durch den Waggon. Er kontrolliert nicht die Fahrscheine, das ist nicht seine Aufgabe. Ohne gültigen Fahrschein kommt kein Reisender auf den Bahnsteig. Und beim Verlassen des Bahnsteiges käme er unentdeckt gar nicht durch die Bahnsteigschranken.

Nein, seine Aufgabe ist eine andere. Aber der Reihe nach. Diese einzigartige Erfolgsstory des Japanischen Shinkansen ist eine absolute Teamarbeit. Angefangen von den vielen Spezialisten in den riesigen Kommandozentralen der Shinkansen-Bahn, über die Bahnhofsvorsteher, die Bahnsteigverantwortlichen und des Lokomotivführers greift hier ein präzises Zahnradgetriebe ineinander.

Bevor ein Shinkansen den Bahnhof verlässt, steht der verantwortliche Bahnsteigvorsteher am Gleis und beobachtet genau den Passagierwechsel. Rückt der Sekundenzeiger der Bahnhofsuhr auf den Abfahrtszeitpunkt vor, zeigt er mit der weiß behandschuhten rechten Hand und ausgestrecktem Arm in die Richtungen, in die er laut Checkliste blicken muss. Also einmal nach links und dann nach rechts. Dann zeigt er auf die großen Monitore über ihn, die ihm die nötigen Informationen über den aktuellen Ablauf geben. Diese Prozedur führt er mindestens zweimal durch. Erst wenn alle Checkpunkte hundertprozentig abgearbeitet und fehlerfrei sind, hebt er mit der linken Hand die rote Fahne. Das ist das ultimative Zeichen für den Lokführer. Nun setzt sich der Zug fast geräuschlos, aber mit großer Dynamik in Bewegung. Ich hatte jedes Mal das Gefühl, dass der Zug schon am Ende des Bahnsteiges mit knapp 100 Stundenkilometer den Bahnhof verlässt. Nun erst verlässt der Bahnsteigverantwortliche seinen Posten.

Ein ähnliches Prozedere spielt sich zeitgleich natürlich auch im Cockpit des Shinkansen ab. Auch hier herrscht höchste Konzentration. Auch der Zugführer arbeitet weißbehandschuht seine Checkliste ab. Diese Checkliste bildet gewissermaßen die gesamte Wegstrecke ab, die der Zug nehmen wird. Jedes Gleissignal, jeder Bahnhof, der ohne Halt passiert wird, und unzählige Wegmarkierungen werden mit dem weißbehandschuhten Finger der ausgestreckten Hand registriert und mit dem vorgegebenen Zeitplan verglichen, um gegebenenfalls Korrekturen bei der Zuggeschwindigkeit vorzunehmen.

Und nun zum Schaffner. Wenn der Schaffner seinen Dienst im Shinkansen antritt, so ist sein einziges Bestreben, seine ihm anvertrauten Fahrgäste sicher und ohne Komplikationen an ihre Reiseziele zu bringen. Er ist für alle Eventualitäten und Fragen gerüstet.

Er überprüft seinen Verantwortungsbereich auf mögliche Störungen, die die Fahrgäste belästigen könnten und sorgt unverzüglich für Abhilfe. Seine Verbeugungen vor den Fahrgästen beim Betreten und Verlassen der Waggons ist kein Theater!

Ein Verbot, das auch mit entsprechenden Hinweisschildern sichtbar gemacht wird, ist das Telefonieren mit dem Smartphone. Und tatsächlich, alle Smartphone sind auf lautlos gestellt. Und wenn doch einmal ein Anruf notwendig sein sollte, dann verlässt derjenige den Waggon und tut dies außerhalb des Waggons. Es gibt dafür übrigens spezielle kleine Kabinen. In diesem Zusammenhang brauche ich wohl nicht zu erwähnen, dass, wenn einmal ein Handy klingeln sollte, es in der Regel ausländische Reisende sind. Und natürlich gibt es auch in allen Shinkansen ein kostenlose stabiles WLAN-Netz.

Dieses Prinzip der einhundertprozentigen Hingabe an die Aufgabe und Verantwortung seiner Funktion wird tatsächlich von allen Bahnbediensteten gelebt.

Aber das beruht eben auch auf Gegenseitigkeit! Die Fahrgäste begegnen den Bahnbediensteten stehst mit großem Respekt. (Unbedingt nicht mit Angst verwechseln!)

Übrigens greift dieses Prinzip der vollen persönlichen Hingabe an die Aufgabe bereits am Fahrkartenschalter. Auch wenn die Schlange vor dem Schalter noch so lang ist und eine kleine Verschnaufpause erst einmal nicht in Sicht ist, arbeiteten die Mitarbeiter am Fahrkartenschalter stets umsichtig, konzentriert und sehr höflich. Ich wollte auf Kyushu an einen bestimmten Ort reisen. Natürlich mit dem Zug. Die Strecke wurde im ersten Teil durch die JR betrieben. Für den zweiten Teil musste ich in eine Privatbahn umsteigen. Dazu wollte ich zu einem bestimmten Zeitpunkt am Zielort sein.
Nachdem ich meinen Wunsch geäußert hatte, flogen die Finger des Fahrkartenverkäufers in einer affenartigen Geschwindigkeit (Darf ich das überhaupt noch sagen?) über die Hunderten Felder auf seinem Touchscreen. Und tarra ! er legte mir gleich drei Varianten ausgedruckt auf einem Kassenbon ähnlichen Ausdruck vor. So konnte ich mich ruckzuck entscheiden.

Wie schon angedeutet, habe ich dieses Prinzip der gelebten Kundenfreundlichkeit auch auf allen Bahnen erlebt, auch bei denen, die nicht zur Japan Rail gehörten.

In einem Fall wollten meine Frau und ich von dem Ort Shimabara nach Nagasaki zurückfahren. Wir hatten für diesen Zug der Privatbahn aber noch keinen Fahrschein, als wir auf den Bahnhof ankamen. Die Fahrkartenverkäuferin sagte mir, dass wir den Zug nehmen könnten, der gerade abfahrbereit am Gleis 1 steht. Er sollte in 16 Sekunden fahren. Das wäre noch zu schaffen gewesen, wenn wir gültige Fahrkarten gehabt hätten. Also mussten für uns noch zwei Fahrkarten ausgestellt werden… Und nun oh Wunder! Der Bahnsteigvorsteher erkannte unsere Not und ließ seine linke Hand mit der roten Fahne so lange unten, bis wir dann mit ca. zweiminütiger Verspätung den Triebwagen betraten. Jetzt ging die rote Fahne hoch und der Zug setzte sich in Verbindung. „Danke Ihr wunderbaren Bahnbediensteten für Eure absolute Kundenfreundlichkeit!“
(Wer sich näher über Zugkategorien, Preise und Verhaltensregen informieren möchte, dem empfehle ich folgenden Link; https://ryukoch.com/de/blog/zug-fahren-in-japan/#4-preise)

Als Vielreisender habe ich mir natürlich einen Japan Rail Pass (JR-Pass) gekauft. Dieser Pass ermöglicht mit einem Pauschalbetrag, abhängig von der Geltungsdauer, die nahezu unbegrenzte Nutzung aller Japan Rail Züge (JR) und Fähren. Diese JR-Pässe gibt es für das gesamte Land aber auch für einzelne Regionen. Mit dem JR-Pass kann man dann im Geltungszeitraum und -bereich unbegrenzt Zugfahren. [7 days € 201.67 EUR (Adult), 14 days €321.38 EUR (Adult), 21 days € 411.15 EUR (Adult)]

Ich hatte mir einen JR-Pass für ganz Japan für 14 Tage gekauft. Um die Kosten abzufahren musste ich mindestens 1.380 km mit der JR fahren. Das habe ich mit ca. 3.500 km gut genutzt.